Sehr gute Fragen – und in viele Richtungen erweiterbar …

Die trüben Wasser des Lago di Benko im ehemaligen Hertie am Hauptbahnhof. Wurden hier die Kredite von Stadtsparkasse und BayernLB versenkt… 

„Darlehenspraktiken der Münchener Stadtsparkasse gegenüber René Benko“ 

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU/FW, Prof. Dr. Hans Theiss stellte letzte Woche über den Oberbürgermeister Reiter Fragen an die Stadtsparkasse München. Über ein Vierteljahr nach Insolvenzen und Baustopp, jetzt soll alles auf den Tisch! Gut so, überfällig! Um welche Summen geht es, wer hatte den Kontakt, wer hat geprüft, wer hat beraten, welche Rolle spielte der Verwaltungsrat – neun detaillierte Fragen. Als Fraktionsvize hätte er natürlich auch seinen Fraktionsvorsitzenden Manuel Pretzl fragen können, der seit Jahren im Verwaltungsrat der Sparkasse sitzt… So oder so: werden die Fragen, die vielen Münchner*innen auf den Nägeln brennen, auch beantwortet werden?

Mit Fragen beginnt die Aufarbeitung, mehr noch, ihr wichtigster Teil, denn wie alle wissen, Benko war es nicht allein. Es gibt noch viel mehr Fragen, wir wollen ein paar vorschlagen.

An die Bayerische Landesbank: Nach Informationen der Abendzeitung hat sie SIGNA mindestens 426 Millionen Euro geliehen! Davon sollen 371 Millionen an SIGNA-Gesellschaften rund um die Alte Akademie gegangen sein. Hierzu sollte Herr Theiss die entsprechenden Fragen an den damaligen Finanzminister Markus Söder richten, an den derzeitigen Ministerpräsidenten Markus Söder und an die Ministerien, die die Aufsicht über die Bayerische Landesbank führen. Warum nicht auch an Jan-Christian Dreesen (bekannt durch den FC Bayern), der den Vorsitz im Risikoausschuss des Aufsichtsrats der BayernLB hat? Ist die Vermutung abwegig, dass hier die Erbpachtsumme mit der einen Hand von SIGNA kassiert und mit der anderen Hand (BayernLB) selber finanziert wurde?

An den hochrangigen CSU-Vertreter Markus Söder, wie oft er Kontakt zu Renè Benko hatte? Darf man fragen, hat nur noch niemand.

An den Ex-CSU-Parlamentarier Alfred Sauter, der der Anwalt von SIGNA beim Kauf der Alten Akademie war: Welche Verbindungen hat er eingespannt, wieviel Millionen hat er eingesteckt? Eine ganz natürliche Frage, denn selbst Ex-Bundeskanzler Österreichs hatten da keine Hemmungen, dicke Rechnungen zu schreiben…

An den Ex-CSU-Stadtrat Walter Zöller, der sich 2018 dafür einsetzte, dass in der Arkadenfrage der Alten Akademie SIGNA alles bekommen sollte, was SIGNA wollte. Eine Frage nach einem etwaigen Nahverhältnis zu SIGNA könnte man doch mal stellen.

An Stavros Konstantinidis, den besten Netzwerker Münchens, Freund von Renè Benko und langjähriges Mitglied im Aufsichtsrat von Galeria: Könnte er etwas zur Aufklärung beitragen?

Wahrscheinlich kommen da auch keine Antworten. Sollte deshalb nicht an alle potentielle Zeugen, die etwas zur Aufklärung beitragen können, der Aufruf gehen: helft die Hintergründe aufzudecken, werdet Whisteblower!

Die Praktiken der Jagd nach dem Geld

Es kann nicht dabei bleiben, dass die Öffentlichkeit mit Geschichten abgespeist wird, dass Benko jetzt mit Glatze rumlaufen soll, wo er sich womöglich versteckt hält und so weiter. Oder mit billigen Phrasen wie „blöd gelaufen“, mit der einer der Experten meinte, den Fall erledigen zu können. Entscheidend ist zu erfahren, wie der Mechanismus funktioniert, mit dem das Geld regiert, mit den wahrscheinlich banalen Einzelheiten, die sich da offenbaren werden. Die Öffentlichkeit muss wissen, wie es so passiert, wenn schon in „guten Zeiten“ kolossale Bauruinen entstehen, für die es keine persönlich Verantwortlichen und und keine systemischen Ursachen geben soll, obwohl die Crème de la Crème des Staates, der Stadt, der Reichen und der Finanzwelt die Handelnden sind. Es geht nur um Geld und Status – und dass das Volk (oder früher der Pöbel) unwissend bleibt. Ein Aufklärungswille und damit demokratische Werte – nicht vorhanden.

… oder in den tiefen Stollen vergraben, die unter der Alte Akademie gebuddelt wurden?

Kein Paradies – Maßlosigkeit und Verschwendung

Was machen Münchner Lokalzeitungen gern beim Thema Münchner Innenstadt um schnell mal die Spalten zu füllen? Sie fragen ausgerechnet Wolfgang Fischer, den angestellten Lobbyisten (CityPartnerMünchen e.V.) der Immobilien- und Handelsmillionäre, was wiederum seit zwanzig Jahren seinem Posten die Existenzberechtigung sichert … er ist deshalb nie verlegen. Also wieder einmal, hier ein Absatz aus dem Artikel „Hier werden Milliarden verbaut“ der gestrigen Abendzeitung:

„Die Baustellen, auf denen gearbeitet wird, betrachtet er mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Man muss auch sehen, dass hier Milliarden investiert werden. Viele Städte wären froh, wenn sie das hätten. Baustellen fördern das Wirtschaftswachstum und sichern Arbeitsplätze.“ Ein Ende der hohen Bagger- und Krandichte auf engem Raum ist erst mal nicht in Sicht. Im Gegenteil: Bald kommen noch zwei weitere große Bauprojekte in der Fußgängerzone dazu. Die Münchner, die Flaneure und die, die hier arbeiten und wohnen, werden also Geduld brauchen. „Wenn mal alles fertig ist“, meint Wolfgang Fischer: „Dann wird’s das Paradies.“ 

Immer-mehr, Nie-genug. Herrn Fischer muss einmal eine der vielen Abrissbirnen leicht am Hirn gestreift haben (sorry), sein Statement ist ja in sich schon verkehrt. Wenn es dasWirtschaftswachstum ist (das per se nie ein Ende haben darf), was Freude schafft, dann gibt es nie ein „fertig“ und nie ein endgültiges Paradies. Das momentan anvisierte Zwischenparadies wird „Mixed Use“ geheißen – also schnöde gesagt mehr Büros in die Innenstadt anstelle großer Handelsflächen – mit daraus folgendem Büroleerstand draußen. Es wird nicht der letzte Schwenk gewesen sein. Nicht nach einem städtischen Entwicklungsplan geht es dabei, sondern allein nach den Verwertungsinteressen der Immobilienbesitzer, nach Zahlen in ihren Geschäftsbüchern – oder Phantasien. Einen Plan gibt es nicht und soll es auch nicht geben, das wäre ja eine Einschränkung des „Marktes“, also der willkürlichen Einzelentscheidungen der reichen Patrizierfamilien, der Geldwäschefirmen und der nächsten Betrüger wie es Benko einer war, der auch mehrere Stücke vom Paradies Münchner Innenstadt errichten wollte (für die Herrn Fischer in damaligen Interviews selbstverständlich gefällige Sentenzen parat hatte).
Die Münchner Innenstadt ist in diesem Verständnis kein kulturelles Erbe, kein zentraler Lebensort der Stadtbevölkerung, kein Organismus der Allgemeinheit sondern eine M A S C H I N E der Geldverwertung. Sie wird zwanghaft zu Tode umgebaut, weil das Geldmachen nicht im Virtuellen geschehen kann. Hier muss ständig Geld untergebracht werden, weil die Umverteilung von unten nach oben riesige Geldblasen erzeugt hat. Tatsächlich ist die Münchner Innenstadt längst fertig gebaut – es dürfte kaum mehr ein Gebäude geben, das echten Sanierungsbedarf hat. Die Milliarden stattdessen in Maßnahmen gegen die furchtbaren Auswirkungen der menschengemachten Klimakatastrophe zu investieren, in Maßnahmen gegen die furchtbare Armut auf der Welt – kommt nicht in Frage. Lieber wird München als Metropole der Ökonomie der Maßlosigkeit nochmal und nochmal neu gebaut.

Zerstörerisches Wirtschaftswachstum am Promenadeplatz:
das Gunetzrhainerhaus.

Ein anderes Beispiel das noch nirgends einen Artikel wert war. „Das Gunetzrhainerhaus am Promenadeplatz 15 in München wurde im Jahr 1726 vom Oberhofbaumeister Johann Baptist Gunetzrhainer erworben und dann von ihm im Stil des Rokoko umgebaut. Es ist als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Im Jahr 1944 wurde das Gebäude durch Bomben stark beschädigt. Der heutige Bau ist daher eine in den Jahren 1960/61 entstandene vollständige von Hans von Peschke geplante Rekonstruktion, um ein Beispiel eines bürgerlichen Wohnhauses und Künstlersitzes aus dem frühen Rokoko zu überliefern.“ (Wikipedia)
Weg damit. Denkmalgeschützt ist leider nur die Fassade (sie ist noch da), somit kann nach gut 60 Jahren ein mit Bedacht rekonstruiertes Wohnhaus für einen Neubau abgerissen werden, kein Thema. Graue Energie und eine Kulturleistung des Wiederaufbaus sinnlos vernichtet, riesiger Bauaufwand – Wachstum von was? Mehr Paradies? Es könnten Edel-Suiten für Superreiche entstehen, Bauherr ist die ortsansässige Familie Inselkammer.

Benko war es nicht allein

Die Alte Akademie am 18. Dezember 2023

Ein Artikel in der Süddeutschen vom Wochenende hat uns sehr gefreut. In der Rubrik NULL ACHT NEUN des München-Teils schreibt Wolfgang Görl unter dem Titel „Bauruine“:

  (…) Was da als Lost Place dahindämmert, ist eines der bedeutendsten historischen Gebäude Münchens. Herzog Wilhelm V. hat es gegen Ende des 16. Jahrhunderts gestiftet, es sollte, wie auch die St. Michaelskirche, ein Bollwerk gegen das Luthertum sein. Ein geistiges Bollwerk allerdings, eine Kaderschmiede, in der jesuitische Gelehrte die künftige Elite eines Staates ausbildeten, dessen Herrscher sich als Schutzherren des wahren, des katholischen Glaubens inszenierten.
Hinter der noblen Renaissance-Fassade des „Wilhelminums“ wurde das Führungspersonal geformt, das Bayern auf römischen Kurs hielt und für Jahrhunderte ein geistiges Klima schuf, in dem die barocke Sinnlichkeit ebenso gedieh wie das Misstrauen gegenüber dem Neuen. Was in dieser Gelehrtenbastion aus Gymnasium, Kloster und Jesuitenkirche ersonnen und unterrichtet wurde, war identitätsstiftend. Ein Monument von solch überragender geistesgeschichtlicher Bedeutung würde doch keine Kulturstadt der Profitgier eines Investors ausliefern.
Der Freistaat Bayern hat genau das getan. Er hat die Alte Akademie an Benkos Signa-Konzern verscherbelt, für 65 Jahre im Erbbaurecht. Der Staat ließ es zu, dass ein Prunkstück seines kulturellen Erbes zum Spekulationsobjekt eines Zockers wurde, der es im üblichen Investoren-Mix aus Boutiquen, Büros, Gastronomie und Wohnungen der Verwertung zuführen will. Aus dem geistigen Zentrum soll eine Renditeschleuder werden, edel kaschiert als Shopping-, Spaß- und Konsumtempel.
Dass der Spaß jetzt erstmal vorbei ist, dass ein Baustopp gilt, ist die eine Seite des Skandals. Die noch größere Schande aber ist, dass der Freistaat mit einem Markstein seiner Kultur nach der Devise verfuhr: Verhökern wir den alten Plunder, wir wissen ja doch nichts damit anzufangen. Federführend beim Benko-Deal war das Finanzministerium, der zuständige Minister ein gewisser Markus Söder. Auf den Bauzaun hat jemand geschrieben: „Benko war es nicht allein.“ Stimmt, genau so ist es.  

Das Rätsel zum Wochenende liefern wir gern dazu:

Wie es mit der Alten Akademie nicht weitergeht…

Wahrscheinlich haben Sie schon einige solcher Überschriften gesehen: „Wie es mit Galeria weitergeht“, „Wie es mit SIGNA weitergeht“ and so on. Wie es weitergeht steht natürlich dann nicht drin – weiß ja keiner… Es ist ein enger Kreis, der wirklich weiß, wie der Karren im Dreck steckt – und der lässt sich nicht reinschauen lassen ins innere Gefüge wirtschaftlicher Macht. Ihr Bollwerk heißt Geheimnis, das Staatsgeheimnis, das Bankgeheimnis, das Steuergeheimnis … So hat am 27. Januar der Finanzausschuss des Landtags in einer Geheimsitzung zum Benko-Scherbenhaufen in München getagt, Erkenntnisgewinn für die Öffentlichkeit: Null. Augsburger Allgemeine: „Der Ausschussvorsitzende Josef Zellmeier (CSU) zeigte sich nach der Sitzung auf Anfrage unserer Redaktion beruhigt. ‚Ich sehe insgesamt keinen Anlass zur Sorge. Es ist alles gut geregelt.‘“ 
Vergessen Sie all das, wenn von guten Regeln, Transparenz, Compliance, Verantwortung, Nachhaltigkeit etc. die Rede ist – der Kapitalismus funktioniert so nicht. Es gilt das Geheimnis, die notwendige andere Seite von Konkurrenz mit allen Mitteln um den größtmöglichen Gewinn: Lügen, Bestechen, Hereinlegen, Vertuschen ist Teil des Geschäfts. Wir anderen als systemhaft Ausgeschlossene bekommen Bankenzusammenbrüche, Wirecard, Benkos Machenschaften, Umweltverbrechen… erst mit, wenn der Kampf um die staatlich geschützte Bereicherung an die Wand gefahren ist – einen geringen Teil der Wahrheit und die Folgelasten. Dass Informationen so geheim gehalten und geschützt werden wie Besitz ist Mitursache der tatsächlichen Ineffizienz des Kapitalismus in Bezug auf das Gemeinwohl. Soviel dazu.
Und wie geht es nun mit der Alten Akademie weiter oder nicht weiter? Wir versuchen eine Antwort.

Benkos Kommerzverwertung der Alten Akademie war 2013 ein Luftschloss und ist es 2024 erst recht.

Der aktuelle Plan geht ja dem Vernehmen nach so: A – SIGNA verkauft das angefangene Erbpachtprojekt an einen Investor, der schnell fertigbaut, weil man will ja kein unschönes Loch. Man hofft auf Münchner Großgrundbesitzfamilien, die das bitteschön übernehmen sollen. B – Wenn sich niemand findet, bevor sich SIGNA zerlegt hat, nimmt der Staat die Reste der Alten Akademie zurück (Heimfall) und sucht dann weiter nach Investoren. A und B heisst: Weiter nach vorhandenem Bauplan mit anderen privaten Investoren. Irgendjemand soll das genau so fertigbauen, wie es sich ein Hochstapler mal vorgestellt hat. Daraus kann nichts werden.

Was wird hier ausgeblendet?
– Was von der Alten Akademie noch übrig ist, ist keine fast fertige Baustelle. Ein Weiterbauen nach bestehenden Plänen dauert mindestens drei Jahre. Was noch steht ist nach dreieinhalb Jahren ein Rohbau, ohne dass irgendetwas fertig wäre. Massive Kellerausschachtungen unfertig, Ebenenänderungen, das Dach… beim Hettlagebau nichts als das Fassadenskelett… Eine verfahrene Baustelle aufgrund von Größenwahn. Und die Immobilien Zeitung schrieb am 12. Januar:Zudem müsste der neue Eigentümer die Alte Akademie wohl mit dem bisherigen Generalunternehmer Porr weiterbauen. Es werde sich kaum jemand finden, der die Gewährleistung für die bisherigen Arbeiten übernehmen wird, so die einhellige Meinung aus der Münchner Immobilienbranche. Ob Porr allerdings bereit sein wird, zu den mit Signa verhandelten Konditionen weiterzumachen, gilt als fraglich.“
– SIGNA legte 2020 los mit der Berechnung, am Ende 400 Millionen (230 Millionen Pacht + Baukosten) investiert zu haben. Durch die ganzen veränderten Umstände kann geschätzt werden, dass 500 Millionen zusammenkommen würden. Wie man es dreht und wendet, welche Konditionen und wer die aufgelaufenen Verluste trägt, diese Investition ist nach Profitgesichtspunkt jenseits von Gut und Böse. Man könnte die erwartbare Rendite aufschlüsseln: Handelsflächen – erträumte Spitzenrenditen, von welchen Klamottenläden, Auto-Showrooms oder Leerstand? Büroflächen – kein Problem. Luxus-Mietwohnungen – unattraktiv, häufiger Wechsel. Gastronomie – muss erstmal in einem rückwärtigen Hof überleben. Zusammen wird es die Kosten nicht decken, der Glamour ist weg.
Fazit: Immobilienfirmen mögen keine angefangenen Projekte, keine unsicheren Projekte, keine Hängepartien, keine Leichen, da entsteht keine Liebe. Die Münchner Oligarchen sind auch nur knallharte Besitzstandsmehrer. Plan C kann erst kommen, wenn eine ehrliche Bestandsaufnahme die Einsicht erzwingt, dass A und B gescheitert sind.

Wann wird der Staat Bayern eingestehen, dass die Privatisierung mit SIGNA ein Riesenfehler war, dass eine weitere Privatisierung nicht passieren wird und er selbst den Wiederaufbau der Alten Akademie übernehmen muss?

Das kann dauern. Für diese Erkenntnis ist die bayerische Regierung nicht gemacht. Das Jahr 2024 wird mit Investoren-Bettelsuche vorbeiziehen. Wenn alle Möglichkeiten der Ausflüchte, des Wegschiebens durchlaufen sind und der Horizont von strahlenden Rettern leer bleibt, muss noch die zweite Erkenntnis einsickern: eine Fertigstellung des Benko-Luftschlosses durch den Staat selber ist das nächste Ding der Unmöglichkeit. Das folgt erst recht aus dem schon Gesagten. Für den Stadtrat Münchens ist der Umdenkprozess ähnlich schwierig. „Ja keine Bauruine“ – aber keinerlei Besinnung auf den eigenen Anteil an dem Fiasko; man hat es Benko immer recht gemacht wie man es ohne eigenen Anspruch allen Investoren (Spekulanten) recht macht und versteckt sich jetzt.* 2025 und 2026 werden wahrscheinlich vorbeigehen, bis der Entschluss reift, dass die Alte Akademie in staatlicher Hand wiederaufgebaut werden muss, mit neu entstandenem Interesse der Stadt München an einer ihrer wichtigsten historischen Bauten (für diese Annahme braucht es bei dem OB und diesem Stadtrat schon viel Optimismus).

Dann muss das Denken soweit sein, dass es nicht mehr um Kommerz gehen kann, sondern um einen Ort des vielfältigen öffentlichen Nutzens und der Kultur!

2027 kann dann ernsthaft mit konkreteren Überlegungen für eine neue Alte Akademie begonnen werden. Erst dann wird der Weg frei sein und die Forderung nach kommerzfreier Kreativität und Gemeinsinn die Oberhand über kapitalistische Verwertung gewinnen. Aber wer soll es dann umsetzen? Nicht die Chipperfields! Wer (ohne auf Einzelmenschen zu reduzieren) hat dann das kulturelle Format, die fachliche und soziale Autorität wie sie ein Theodor Fischer oder Hans Grässel hatten, oder die großen Baumeister des Wiederaufbaus wie Josef Wiedemann? Um zusammenführen zu können und die schwere Aufgabe zu lösen? Wer wird dann mit einem begeisternden Meisterentwurf überzeugen können? Denn die Ausgangslage vor Ort ist wieder nicht viel anders als nach den Bomben des Krieges, viel mehr als Fassaden ist nach der Privatisierung und dem korrupten Benko-Narrenspiel nicht geblieben.

Nach diesem Blick in die Zukunft (der sehr hoffnungsvoll ist beim heutigen Zustand der Politik, der Bürokratie, auch der passiven Stadtgesellschaft) ist ein Baubeginn in 2029 anzunehmen.

*Nachtrag. OB Dieter Reiter legt am 7. Februar mächtig vor. Die Abendzeitung berichtet: „An Kaufinteressenten für die Alte Akademie mangelt es offenbar nicht. ‚Ich krieg im Wochenrhythmus Angebote‘, berichtete Reiter in der öffentlichen Sitzung (des Planungsausschusses). ‚Ich gehe davon aus, dass demnächst klar wird, wer sie kauft – und er wird sie auch fertigstellen.'“ Na dann …

Das kann nicht wahr sein: Benko 2.0 gesucht?

Wenn heute einer von beiden noch lachen kann, dann Benko. Er ließ München und den Staat Bayern mit einer Ruine sitzen und ist erstmal fein raus. 

Zur Erinnerung: die Alte Akademie wäre keine Ruine geworden …
– wenn nicht bei Stoiber und Nachfolgern ein ideologischer Privatisierungswahn geherrscht hätte (Verkauf von Stromversorgungsunternehmen, Wasserkraftwerken, Immobilien …)
– wenn der bayerische Staat nicht die naheliegende Weiternutzung des historischen Erbstücks durch staatliche oder städtische Nutzungen verworfen hätte
– wenn der Stadtrat Münchens nicht schon 2005 die drohende Privatisierung unterstützt hätte
– wenn der Staat Bayern Benkos SIGNA sofort aus der Bewerberliste gestrichen hätte, nachdem er 2012 wegen Bestechung eines Politikers verurteilt worden war 
– wenn wenigstens bei der Ausschreibung das Gebot angenommen worden wäre, bei dem der Erhalt des Denkmalensembles am meisten gesichert gewesen wäre
– wenn nicht nach einem irrem Höchstgebot ohne Auflagen verkauft worden wäre 
– wenn nicht der Stadtrat 2014 die von SIGNA gewünschten weitergehenden Eingriffe in das Denkmal unterstützt hätte 
– wenn das Landesamt für Denkmalpflege unter Herrn Pfeil nicht mit Vehemenz den denkmalgeschützten Hettlage-Teil zum Abriss freigegeben hätte
– wenn nicht beim Architektenwettbewerb, als es keinen einzigen Entwurf gab, der noch viel von der Substanz erhalten hätte, wenigstens irgendeiner der Stadträte oder Fachteilnehmer dagegen gestimmt hätte
– wenn nicht die Stadt München, insbesondere das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und CSU und SPD in der Frage der Arkaden nicht schmählich nachgegeben hätten
– wenn nicht OB Reiter und die Stadtratsmehrheit 2020 auf ein windiges terminiertes Vertragsangebot von SIGNA zugegriffen und Baurecht geschaffen hätte
… dann wäre es nicht soweit gekommen. SIGNA hätte die Alte Akademie nicht bekommen oder wieder die Finger davon gelassen. Für das Fiasko ist nicht einer, sondern sind alle zusammen verantwortlich.

Einer der großen Vorteile, die Macht und Reichtum mit sich bringen, besteht darin, sich niemals für etwas entschuldigen zu müssen. (Noam Chomsky)

Heute berichtet die tz, dass die Immobilienverwaltung Bayerns daran denkt, wieder genauso zu handeln!
„Es gilt jetzt, in der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit allen Beteiligten eine tragfähige Lösung für die Zukunft zu entwickeln, die eine Weiterführung des Bauprojekts ermöglicht“, unterstreicht Reichel. Die Trümpfe liegen für ihn klar auf der Hand: die hervorragende Lage der Objekts und die damit verbundene beste Vermarktbarkeit. Der Freistaat könnte nun den Heimfall-Paragrafen ziehen, von den erhaltenen 230 Millionen Euro geschätzte 200 Millionen zurückzahlen und die Alte Akademie an einen neuen Investor verkaufen.
Wieder die „hervorragende Lage“ und die „beste Vermarktbarkeit“! Möge doch bitte noch einmal ein zweiter Märchenprinz versuchen, Profit zu machen? Nein, arbeitet erst Euer Versagen auf, erklärt der Öffentlichkeit, wieviel Millionen (auch der Landesbank und der Stadtsparkasse) vergeigt wurden und gebt Rechenschaft, was von dem stolzen Denkmal überhaupt noch da ist!
Ist die bayerische Staatsregierung unfähig, dazuzulernen, wenn sie in die Grube gefallen ist?
In der SZ steht dann noch etwas mehr, ihr liegt der Erbbaurechtsvertrag vor (den auf SIGNA-Seite CSU-Sauter verhandelt, wenn nicht geschrieben hat). 
Darin heißt es unter der Überschrift „Vergütung bei Heimfall während der Projektphase“, dass der Erbbauzins für die noch ausstehenden Jahre zurückzuzahlen wäre, mit einer wichtigen Ergänzung „unter Berücksichtigung eingetretener Wertminderungen bzw. Wertsteigerungen“.
Jetzt wird es ganz grotesk mit halluzinierten Wertsteigerungen: „…die bereits abgeschlossenen millionenschweren Mietverträge treiben den Wert des Immobilienprojekts Alte Akademie aber nach oben.“ Wenn sie nicht schon gekündigt sind? Es geht noch eine Stufe blauäugiger: „Das bei einem Heimfall an die insolvente SIGNA-Tochter zu zahlende Geld wäre für den Freistaat nicht verloren, er müsste aber versuchen, es von einem anderen Investor wieder hereinzubekommen.“ Da fällt uns nichts mehr ein. So wird die Alte Akademie noch lange Bauruine und Mahnmal des politischen Versagens bleiben.

Ruinen auf dem Pfad des Fortschritts?

Folgende Überlegung: Wenn wir in einer Zeit des Fortschritts leben (was durchaus zu bestreiten ist) und dieser Fortschritt geschaffen wird durch den menschlichen Antrieb infolge Profitaussicht – dann wäre der Ruin der SIGNA und der Alten Akademie nur ein Fehler, wie er in der besten Welt mal vorkommt als Bestätigung der Regel. Und genauso wird es jetzt in hunderten Artikeln rauf und runter geschrieben: ein Blender hat alle reingelegt, die Zinsen, irgendwie ein Sonderfall, nicht aufgepasst aber reparierbar, in der Hauptsache läuft es ja gut, der Mechanismus ist in Ordnung… Nein, ist er nicht.

Noam Chomsky hat in einem größeren Zusammenhang (dem der Klimaerhitzung und was in diesem planetarischen Notfall zu tun ist) den Mechanismus infrage gestellt: 

„Wenn das Streben nach Profit weiterhin die treibende Kraft bleibt sind wir verloren. Es wäre der größte Zufall, zu unwahrscheinlich, um ihn ernst zu nehmen, dass das Streben nach Profit auf magische Weise zum Ende von etwas so Profitablem wie der Verbrennung von fossilen Brennstoffen führen würde – oder selbst von geringeren Formen der Zerstörung. Bei aufmerksamer Betrachtung fällt auf, dass Marktsignale entweder völlig unzureichend sind oder aber vollständig in die falsche Richtung weisen. Die Befreiung der Atmosphäre von Kohlenstoff ist von außerordentlicher Dringlichkeit, aber für die Kapitalist*innen im Silicon Valley ist es viel weniger attraktiv, in langfristige Projekte ohne Aussicht auf große Gewinne zu investieren, statt in neue Features für das iPhone.
Die Vergötterung der Marktwirtschaft ist mittlerweile Teil des Alltagsverstands im Sinne Gramscis geworden, befördert durch eine gewaltige Propaganda, insbesondere während der Jahre des Neoliberalismus. Diese ‚Religion‘, um hier Stieglitz’ Begriff zu verwenden, basiert auf einem besonderen Verständnis der menschlichen Natur, das – um es gelinde auszudrücken – kaum überzeugend ist. Glauben wir wirklich, dass der Mensch es vorziehen würde, dahinzuvegetieren, wenn er nicht durch das Streben nach Profit zum Handeln getrieben würde? Oder könnte es womöglich doch sein – wie eine bestimmte Denkschule schon lange behauptet und die Erfahrung uns lehrt –, dass selbstbestimmte, Sinn stiftende und kreative Arbeit eine der Freuden des Lebens ist?
Es ist höchst irreführend zu behaupten, dass das Streben nach Profit in der Vergangenheit die treibende Kraft war, selbst im Bereich der industriellen Produktion. Denken wir erneut an den Computer und das Internet, jahrzehntelang hauptsächlich im staatlich-universitären Kontext entwickelt, bevor die Ergebnisse dieser kreativen Arbeit an die Privatwirtschaft für Zwecke der Vermarktung und Profitsteigerung weitergegeben wurden. Der Antrieb für diejenigen, die diese wichtige Arbeit geleistet haben, war nicht der Profit sondern die Neugierde und die Aufregung, ein herausforderndes und bedeutsames Problem lösen zu können. Das trifft für gewöhnlich auch auf andere Bereiche der Forschung zu, von denen heute das Wohlergehen unserer Gesellschaft abhängt. Es stimmt natürlich auch, dass vieles von dem in das profitgesteuerte Wirtschaftssystem eingeflochten wurde, aber dieses Vorgehen ist kein Naturgesetz. Die Gesellschaft könnte anders aufgebaut sein. Unternehmen, die in der Hand der Arbeiter*innen sind und von ihnen selbst verwaltet werden, haben höchstwahrscheinlich andere Prioritäten, als Gewinne für die Banken in New York zu generieren. Anständige Arbeitsbedingungen, genug Raum für die Initiative des Einzelnen sowie ausreichend Freizeit stehen auf der Liste vermutlich weiter oben. Wenn diese Unternehmen untereinander verbunden und Teil einer wahrlich demokratischen Gemeinschaft sind, entsteht womöglich etwas ganz anderes: geteilte Werke der gegenseitigen Hilfe und das Streben nach einem sinnvollen und erfüllenden Leben, anstatt immer mehr Güter anzuhäufen und diejenigen zu bereichern, die genügend haben, um zu investieren.
Können wir das realistischerweise erwarten? Wir wissen es nicht. Was ‚realistisch‘ sein wird, hängt zum Teil davon ab, wie wir uns entscheiden werden.“

Aus: Noam Chomsky & Robert Pollin, Die Klimakrise und der Global Green New Deal, 2021

Weitergedacht an einem Punkt am Ende des Zitats: „… diejenigen zu bereichern, die genügend haben, um zu investieren.“ 
War das nicht das Besondere? Benko hatte nicht genügend, d.h. kein eigenes Geld, zum investieren! Er musste es sich bei den wirklich Reichen und von Banken zusammenschnorren. Er war kein echter – ein geschwindelter Reicher. Ansonsten sollen ja „Werte“ geschaffen worden sein, die nun eben andere zum Schnäppchenpreis übernehmen. Gläubiger verlieren, andere gewinnen, der Lauf der Dinge. Abgesehen von dem Skandal, dass er das Geld nicht hatte, hat Benko aber mit seinen SIGNA-Managern dasselbe gemacht wie die „gestandenen“ Kapitalisten, wie die Ölkonzerne, die Rüstungsfirmen, die anderen Immobilienhaie, wie BMW, Amazon oder Deutsche Bank. SIGNA hat sich seine Nischen gesucht, wo extrem Profit zu machen ist, auf kurze Frist und nur im eigenen Interesse. SIGNA hat nichts wirklich erfunden, nichts Neues entwickelt, was für die Zukunft von Gebrauchswert ist, der Luxus der Reichen und Protzobjekte waren im Fokus, Karstadt und Kaufhof wurden lediglich geplündert. Also nichts anderes getan als die meisten anderen Leuchttürme der Profitwirtschaft „… immer mehr Güter anzuhäufen…“ – die nicht helfen werden, wenn die Ozeane steigen und die Äcker vertrocknen. Das Investitionspotential der Gesellschaft, das allen nützen sollte, wird sinnlos verbrannt.
Insofern sind die Ruinen, die SIGNA in München hinterlässt, ein kleiner Vorausblick auf die Ruinen, die in wenigen Jahren überall erkannt werden, wenn deutlich wird, dass mit dem meisten, worin heute investiert wird, nichts für die Zukunft geschaffen wurde. „Werte“ werden nur sein, was den Übergang zu fossilfreier Energieerzeugung bildet, was z.B. die Städte auf die Erderhitzung vorbereitet, was den sozialen Zusammenhalt fördert, den öffentlichen Verkehr ertüchtigt, was die Ressourcen schont und all das andere, was wir schon wissen. Die Profitwirtschaft hat einen existenziellen Notfall geschaffen und wird ihn weiter verschlimmern. Das ist die wahre Botschaft aus der Affäre Benko.

Hinter der Kulisse: der Irrsinn

2023. Es fällt Schnee in die Eingangshalle.
Die Eingangshalle der 50er Jahre – bis 2020. (im Video Min. 2:30)

Eingangshalle Film zwei
Rundgang Ende Januar
Dezember 2020, SIGNA-Propaganda am Anfang der Zerstörung

Das ist keine wilde Baustelle – sondern mit allen entsprechenden Genehmigungen* des Referats für Stadtplanung und Bauordnung; eingebunden war auch das Landesamt für Denkmalpflege. Ob der Freistaat als Eigentümer gelegentlich nachschaut?
Ein ganzer Abriss hätte kaum mehr kaputt gemacht. Sehr bitter, noch schlimmer als je gedacht, es fehlen die Worte. Die Alte Akademie ist das nicht mehr. Wer will diesen Zustand übernehmen und was soll es werden?

Nachtrag, 28.Dezember. Über Wochen hat man von allen Beteiligten nichts Substantielles gehört. Die Alte Akademie ist zur Ruine geworden, alle haben ihren Teil daran, alle haben verloren. Das Privatisierungs-Kommerz-Spekulations-Projekt ist tot. Es liegt jetzt am Staat Bayern und an der Stadt München, Träume von einem neuen Investor aufzugeben, die eigene bittere Mitschuld zu erkennen und aufzuarbeiten, und aus dem Fiasko etwas völlig Neues entstehen zu lassen, mit einer Alten Akademie, die für das Gemeinwohl wieder aufgebaut wird.

Aber nicht so, wie es OB Reiter in seiner bekannten Art praktiziert. Er habe Benko nur zweimal persönlich getroffen (SZ, 1.12.), er würde sich gar niemals mit Benko an einen Tisch setzen (BR-Stammtisch, 10.12.). Und nicht so wie Finanzminister Albert Füracker:
AZ: Einer der vermutlich auch schon lange nicht mehr auf dem Traktor gesessen ist, ist René Benko. Hat er sich schon beim Freistaat gemeldet?
Füracker: (lacht) Bei mir jedenfalls nicht. Ich kenne ihn nur aus den Medien.
AZ: Tatsächlich?
Füracker: Ja, wir hatten noch nie persönlichen Kontakt.
AZ: Haben Sie aber vielleicht bald. Die BayernLB soll ihm ja einen dreistelligen Millionen-Betrag gegeben haben.
Füracker: Die BayernLB hat zurecht aufs Bankgeheimnis verwiesen, da schließe ich mich an.
(Abendzeitung, 27.12.)
Geduldete Intransparenz war Geschäftsgrundlage bei Benko – der als integer geltende Finanzminister weiß Bescheid und macht genau so weiter – nichts gelernt! Mit „ich weiß von nichts, ich war nicht dabei“ geht es nicht weiter. Das gemeinsame Versagen von Kapital, Politik, Staatsbank und Stadtsparkasse darf kein Staatsgeheimnis bleiben, 2024 muss ein Jahr der Aufklärung und des ehrlichen Neustarts werden.

*“Mit Bescheid vom 23.09.2019 wurden die Schadstoffsanierung, Fassadenöffnungen, Durchfahrtsvergrößerung, Abbruch von Nebengebäuden und archäologische Grabung mit Baugrubenverbau genehmigt. Danach erfolgte am 03.02.2020 der Bescheid für weitere Vorab-Baumaßnahmen (Baugrundverbesserung, Abbruch von nicht statisch tragenden Bauteilen). Nach diesen Baugenehmigungen für die Vorabmaßnahmen erfolgte Ende 2020 eine Teilbaugenehmigung und nachfolgend eine Baugenehmigung mit bisher 2 Änderungsgenehmigungen für den Um- und Neubau eines Gebäudes mit 53 Wohnungen, Einzelhandel, Büro und Gastronomie mit Wirtsgarten sowie einer Tiefgarage mit 58 KFZ-Stellplätzen. Die 2. Änderungsgenehmigung wurde im Mai 2023 erteilt. Bezüglich der Freiflächengestaltung läuft aktuell ein 3. Änderungsantrag, welcher noch nicht vorbeschieden ist.“ (Schreiben vom 31.7.2023)

Insolvenzverursacher als Sanierungsmanager?

Der Blick bei dem Fiasko SIGNA muss sich richten auf den immensen Schaden für die Gesellschaft, auf die Personen eher erst in zweiter Linie. Doch wenn die Männer hinter Herrn B. sich seit Wochen dezent im Schatten halten gibt es auch ein Gerechtigkeitsempfinden, das verlangt, einige von ihnen zu nennen. Sie waren es, die alles unterschrieben haben, sie haben das undurchsichtige Geflecht gebaut und sind es in Person, sie haben noch Schönwettermeldungen produziert, als sie wussten, dass alles den Bach runtergeht, sie haben die einen Rechnungen noch bezahlen lassen und die anderen nicht… Es gibt nicht den einen großen Übeltäter im Kreis ehrbarer Kaufleute. Zum blanken Hohn würde es nun kommen, wenn die operativen Täter ihr Spiel weiter treiben wie bisher!

Insolvenz in Eigenverantwortung* mit diesen ehrbaren Kaufleuten? Zur Rettung des Herrn B., von Vermögen und Kragen, inklusive Rettung der Manager/Berater/Aufsichtsrats-Bande und der kapitalistischen Beutemacherei? Ohne Offenlegung all der Machenschaften und Zusammenhänge, die viel verraten könnte, wie es auf diesen Ebenen zugeht. Man liest vom Verdacht auf Insolvenzverschleppung, Verschiebung von Vermögensteilen … Damit wieder die Beschäftigten und kleinen Gläubiger die Zeche zahlen müssen und als geschmähte Hauptursache die hohen Zinsen herhalten müssen. Werden diese Herren deshalb geschont weil noch gebraucht, sind sie gar systemrelevant?

A Alfred Gusenbauer, Langzeitspezi, Mitglied des SIGNA-Beirats, Aufsichtsratsvorsitzender der SIGNA Prime Selection seit 2010
Weiters bekannt: Nimmt neben fürstlichen Gehältern zusätzliche Millionengagen, Profi im Handaufheben
B Christoph Stadlhuber, Langzeitspezi, bei SIGNA seit 2011, Geschäftsführer der SIGNA Holding
Er war in der Durchsetzungsphase der Zerstörung der Alten Akademie Statthalter in München, Umbau Beginn 2018–fertig 2019, Wiederholungstäter, Taschenrechnerzauberer, Rate nicht bezahlt
C Timo Herzberg, seit 2016 dabei, Mitglied im Vorstand der SIGNA Prime Selection und der SIGNA Development Selection
Der Statthalter im Norden, Elbtower („durchfinanziert“), Millionenbonus 2022
D Tobias Sauerbier, seit 2019 dabei, Mitglied im Vorstand der SIGNA Prime Selection und der SIGNA Development Selection
Zuständig im Süden, die letzten Jahre verantwortlich für Schützenstraße und Alte Akademie in München, Geschäftsführer der Alte Akademie Management GmbH, Millionenbonus 2022
E Manuel Pirolt, seit 2013 dabei, Mitglied im Vorstand der SIGNA Prime Selection und der SIGNA Development Selection
Finanzjongleur, Meister in der Anzahl an Geschäftsführungen: über 200, Profi im Handaufheben, Millionenbonus 2022
F Robert Leingruber, Langzeitspezi, Head of Politics and PR
Seit Urzeiten als SIGNA-Pressereferent verantwortlich für Blender-PR und Fragenabwehr.

*für die SIGNA-Holding in Wien beantragt

Der Faktor Zeit und ausufernde Dimensionen

Warum zieht das sich so lang, warum kommt die Baustelle der Alten Akademie nicht voran? Wir haben es in diesem Blog mehrmals thematisiert, während es andererseits Stadtpolitiker oder Presse nicht juckte und niemand außer staunenden Passanten das tunlichst ansprechen wollte, bis heute. 
Als Antwort auf eine an Oberbürgermeister Dieter Reiter gerichtete Anfrage erhielten wir immerhin am 31. Juli von der Lokalbaukommission ein Schreiben, Zitat: „Die Baustelle Alte Akademie ist an prominenter Stelle der Fußgängerzone natürlich immer präsent und die Umsetzung des geplanten Bauvorhabens dauert seine Zeit. Bei solch einer Größenordnung des Gebäudes ist es völlig normal, dass die Bauarbeiten länger andauern, auch weil hier durch die beengten Verhältnisse besonders auf die umlegende Bebauung Rücksicht genommen werden muss. Die Baustellenabwicklung steht vor diesem Hintergrund vor immensen Herausforderungen.“
Soweit richtig. Umbaubeginn war im Mai 2020, jetzt sind dreieinhalb Jahre vergangen, nach Ansage sollte eigentlich glanzvolle Eröffnung sein. Zu sehen ist dagegen eine Ruine, von der immer noch Teile rausgeschnitten werden, das Dach ist offen, vieles angefangen, nichts fertig, ein Drittel des Gesamtbaus steht noch garnicht. Derzeit ist es auf der Baustelle „sehr ruhig“, aber „kein Baustopp“ (Zitat aus der Immobilien Zeitung, die bei der Baufirma Porr nachfragen konnte). Selbst wenn voll hingelangt würde, könnte die Fertigstellung nicht vor 2026 sein. Was geht´s uns an, wenn statt der Alten Akademie dann ein Pseudo-Denkmal mit Resten der Renaissance und fast nichts mehr aus dem Wiederaufbauzeit dasteht und wir diese Brutal-Kommerzialisierung nur noch bedauern können? Gute Frage…
Der Faktor Zeit ist hier ein aussagekräftiger Maßstab für den Umfang der Zerstörung erhaltenswerter Substanz und die Verschwendung von Arbeit und Material.
Also warum zieht es sich nun so lange? 
Weil man das Projekt von vornherein einen Fall von gruppenhafter Selbstüberschätzung und Fahrlässigkeit nennen könnte. Angefangen beim Staat Bayern: privatisieren, möglichst teuer, dafür ohne Auflagen. Dann der Investor SIGNA: maximale Ausnutzung der guten Lage mit Vollentkernung, Vollunterkellerung, Teilabriss, Tiefgarage, neuer Dachstuhl und und und. Stadtplanungsreferat und Stadtrat: gut so, volle Zustimmung. Hat da irgendjemand gestutzt und mal bautechnisch überlegt? Nein, man ließ sich im Architektenwettbewerb die lobende Beschönigungsformel „minimale Eingriffe in die Bausubstanz“ vorsagen, es war ja der große Chipperfield dabei, Augen zu und sollen sie mal machen… Banken in öffentlichem Auftrag leisten sogar noch die Finanzierung. Boomtown-Euphorie ohne genauen Blick und mit gewisser Leichtigkeit. Minimale Eingriffe mutierten so zu immensen Herausforderungen, die den schönen Plan an die Klippe bringen.

Steht dieses Verhalten für sich allein? Parallelen bei nächsten Planungen gibt es.
Hauptbahnhof: Der Bauherr Deutsche Bahn hält an einem Uraltentwurf (2003, Auer u. Weber), einem Kommerz-Büro-Monster mit Flughafenattitüde fest, Baubeginn gegen Ende des Baus der Zweiten Stammstrecke, vorab schon mal ein Hochhaus mitten im Bahnsteigbereich, immer wieder neu aufgelegt mit Zustimmung des Stadtrats und nach wie vor gültig…
Türme an der Paketposthalle: Der Bauherr Büschl aus Grünwald will zwei Riesentürme von Schweizer Stararchitekten als „Stadtzeichen“, mit Luxuswohnungen und Büros am Ziel bezahlbarer Wohnungsbau vorbei, mit großer negativer Auswirkung auf die Umgebung, umstritten, jahrelange Großbaustelle mit Chance zum Scheitern… Der Stadtrat treibt diese Idee noch an und fordert weitere viele Hochhäuser…
Großmarkthalle: Ein Projekt der Stadt aber der Bauherr Büschl aus Grünwald hat schon die Hand drauf, Maximalentwicklung, Großmarkthalle +++, jahrelanges Hin und Her, die Stadt wartet auf Neues von Herrn Büschl… *
Karstadt Schützenstraße: Der Fiasko-Konzern SIGNA plant mit Chipperfield Abriss und Neubau, einen Fremdkörper wieder mit Kommerz und Büros, ein Milliardenprojekt auf Jahre in der Großbaustelle Innenstadt. Der Stadtrat war vollauf begeistert, ist zur Zeit aber trotz laufenden Bebauungsplan ohne Ahnung, wie es weitergeht, was der Bauherr will…
Vom Gasteig wollen wir hier nicht reden.

Diese kleine Liste der unheilvollen Kooperation Großinvestoren–Stadtrat ist plakativ formuliert, Fachleute können das sicher erweitern und viel besser vertiefen. Aber wer wird die hier beispielhaft sichtbare Hybris bremsen? Den Fokus auf machbare, rationale Lösungen für die notwendigen Aufgaben der Infrastruktur lenken, auf die Schaffung von leistbarem, menschenfreundlichen Wohnraum für die, die ihn dringendst brauchen? Auf weniger Beton und mehr Grün kurz vor der Klimakatastrophe? Auf Erhaltung von Bausubstanz statt verschwenderischem Neubau? Weg von der Kultur des Überkonsums, der Investorenfreiheit und dienstbarer Stadtbürokratie? Das Notwendige sparsam und gut machen. Die Antwort kann nur eine aufwachende und aufbegehrende Stadtgesellschaft geben, die sich nichts mehr vormachen lässt.

_________
* Nachtrag: am 21. November wurde ein neuer und abgespeckter Entwurf präsentiert.

Bilder von der Baustelle

Ehemals Kaufhaus Hettlage

Wirtschaftshof, Durchgang zum Schmuckhof

Blick in den Schmuckhof

Diese Bilder wurden heute vormittag gemacht. Sie ließen uns einen Baustopp vermuten. Obwohl zu der Zeit keine Bautätigkeit sichtbar war, war diese Vermutung falsch, auf der Baustelle wird gearbeitet. Wir entschuldigen uns in aller Form. Es bleiben die Bilder eines geschundenen Denkmals.